Blindenguide-Workshop
Laufsport allgemein,  Parkrun

Blindenguide-Workshop

()

Beim Parkrun Neckarau laufen seit einiger Zeit auch blinde Läufer mit. Um teilnehmen zu können, brauchen sie einen Guide, der sie auf der Strecke begleitet. Am vergangenen Samstag machte ich bei einem Blindenguide-Workshop mit, bei dem ich einiges über das gemeinsame Laufen mit Blinden und Sehbehinderten lernte.

Zu wenig Blindenguides

Den Blindenguide-Workshop leitete Juliana vom Laufclub Eichsfeld. Dieser Verein hat ein Guidenetzwerk eingerichtet, das Blinde bzw. stark Sehbeinträchtigte und Guides miteinander verbinden soll. Juliana erzählte uns, dass im Guidenetzwerk zurzeit 600 Guides und 200 Blinde eingetragen wären. Das hört sich nach viel an, aber da die Guides und die Blinden nicht immer in der gleichen Region wohnen, ist die Versorgung mit Blindenguides nicht ausreichend.

Außerdem gibt es auch Blinde, die für einen Marathon trainieren und deshalb vier- bis fünfmal die Woche einen Guide benötigen. Optimal wäre ein Verhältnis von 5:1. Für einen Blinden sollten also in der Nähe seines Wohnortes fünf Guides zur Verfügung stehen. Wichtig ist auch, dass der Guide und der Blinde zueinander passen. Große Unterschiede in der Körpergröße oder im Lauftempo erschweren das gemeinsame Laufen.

Kennzeichnungspflicht für Blinde

Blinde, die sich in der Öffentlichkeit aufhalten, müssen sich kennzeichnen. Im Grunde reicht es aus, wenn sie einen Blindenlangstock benutzen. Beim Laufen ist solch ein Stock aber unpraktisch und die Binde mit den drei Punkten auf gelbem Grund ist nicht von weitem zu erkennen. Deshalb empfiehlt das Guidenetzwerk, dass Blinde und Guides jeweils eine leuchtende Weste tragen. Wenn Blinde nicht als solche erkennbar sind, trifft sie bei einem Unfall eine Teilschuld.

Das Führbändel

Beim Laufen sind Blinde und Guides mit einem Führbändel verbunden. Das ist einfach ein Plastik-Armband in das beide ihre Hand stecken. Sie sind also mit den Handrücken verbunden. Wichtig ist dabei, dass Blinde und Guides im Passschritt nebeneinander herlaufen. Wenn der Guide links läuft, müssen sein rechtes Bein und das linke Bein des Blinden sich gemeinsam nach vorne bewegen. Dann passt auch der Armschwung.

Blindenführhund

Generell könnten Blinde auch gemeinsam mit einem Blindenführhund laufen. Allerdings sind diese so trainiert, dass sie bei einem Hindernis stehenbleiben. Je nach Strecke kann das zu vielen Unterbrechungen führen. Außerdem sind nicht alle Hunde fit genug um mitzulaufen. Bei der Auswahl eines Blindenführhundes wird nicht so sehr auf seine Fitness geachtet.

Blindenguide für Wettkämpfe

Nicht nur für das Training, sondern auch für Wettkämpfe wird ein Blindenguide benötigt. Optimal ist es, wenn dieser etwas schneller als der Blinde ist. Sinnvoll ist es, wenn beide in einem vorderen Startblock starten. Das Überholen ist oftmals schwieriger als das Überholtwerden. Ein besonderer Gefahrenschwerpunkt sind dabei die Verpflegungsstellen. Dort ist das Gedränge oftmals groß und der Boden mit leeren Bechern übersät. Bei den meisten Wettkämpfen müssen die Blindenguides keine Startgebühr zahlen. Sie stehen allerdings auch nicht in der Ergebnistabelle, da sie ja nicht ihr eigenes Tempo laufen.

Die Praxis

Nachdem wir alle gut informiert wurden, erklärten sich drei Blinde bzw. Sehbehinderte bereit, mit den Workshop-Teilnehmern zu laufen. Da ich momentan verletzt bin, war es bei mir nur ein gemeinsames Walken. Begleitet wurde ich dabei von Hans-Reinhard. Er erklärte mir, dass es ihm nicht hilft, wenn ich „Vorsicht“ oder „Achtung“ rufe. Er braucht eindeutige Kommandos. Wenn er sofort stehenbleiben soll, soll ich „Stop“ rufen. Das Kommando „Halt“ soll ich beim langsamen Auslaufen verwenden. Bei Hindernissen soll ich darauf achten, dass diese sich nicht zwischen mir und meinem Begleiter befinden. Einen Poller sollten wir also gemeinsam umlaufen.

Gehen im Passschritt beim Blindenguide-Workshop
Hans-Reinhard und ich üben beim Blindenguide-Workshop den Passschritt.

Auch Kommandos, die sich auf die Uhrzeigerstellung beziehen, können beim gemeinsamen Laufen helfen. Wenn ich „10 Uhr“ rufe, weiß mein Begleiter, dass gleich eine Linkskurve kommt. Beim Laufen an unbefestigten Straßen ist es wichtig, dass der Guide nicht in Richtung Fahrbahnmitte, sondern am Straßenrand läuft. Ansonsten besteht die Gefahr, dass der Blinde umknickt, da er ja den unebenen Boden nicht sehen kann.

Mein Fazit zum Blindenguide-Workshop

Der Blindenguide-Workshop wurde sehr gut von Juliana angeleitet. Sie erklärte uns, worauf wir beim gemeinsamen Laufen mit einem Blinden bzw. Sehbehinderten achten sollten. Jeder Teilnehmer, der sich bereit erklärte, sich ins Guidenetzwerk einzutragen, bekam eine Schutzweste und ein Führbändel ausgehändigt. Außerdem erhielten wir noch einen kleinen Leitfaden zum Führen Blinder und Sehbehinderter. Dort sind auch die Kommandos aufgeführt, die zum gemeinsamen Laufen benötigt werden.

Nach dem Workshop traue ich mir jetzt auch zu, einen blinden Läufer zu begleiten. Ich habe mich deshalb auch ins Guidenetzwerk eingetragen und werde beim Parkrun Neckarau als Blindenguide zur Verfügung stehen. Wer auch gerne an einem Blindenguide-Workshop teilnehmen möchte, findet auf der Webseite des Guidenetzwerks eine Übersicht der nächsten Termine.

Wie hat dir dieser Beitrag gefallen?

Klicke auf die Sterne um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung / 5. Anzahl Bewertungen:

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Weil du diesen Beitrag nützlich fandest...

Folge uns in sozialen Netzwerken!

Es tut mir leid, dass der Beitrag nicht gefallen hat.

Wie könnte ich diesen Beitrag verbessern?

Erik betreibt dieses Laufblog und ist ein begeisterter Läufer. Er trainiert vier- bis fünfmal die Woche, startet bei Lauf-Wettkämpfen und bei Parkruns. Wenn du ihn triffst und er läuft gerade nicht, dann handelt es sich sehr wahrscheinlich um eine Verwechslung ;-)

2 Kommentare

  • Carsten Scheller

    Hallo Erik,

    deine Angaben kann ich nur zu gut bestätigen. Die Leistung von Juliana und Hans-Reinhard kann nicht genug gewürdigt werden.

    Im Oktober 2022 wurde ich auf das Guidenetzwerk aufmerksam, habe mich angemeldet und noch am selben Tag hatte ich einen blinden Tandempartner. Seitdem bin ich rund 800 km als Guide gelaufen, habe viel über Vertrauen und Zuverlässigkeit gelernt. Mit meinem Partner habe ich 5 k Parkruns, 10 km bis Halbmarathon gelaufen und laufe einmal pro Woche mit ihm. Wichtig ist: Jeder Läufer kann Guide werden, man braucht nur Zeit zu investieren. Den Guidelauf habe ich fest in meinem Plan drin, den Rest des Wochen-Trainings baue ich um diesen Lauf herum.

    Die blinden Läufer erhalten so eine erhebliche Lebensqualität, unser Einsatz lohnt sich also.
    Ich bin mit 4 verschiedenen Läufern bislang gelaufen, vom blutigen Anfänger (3 km mit Gehpausen), bis zum Routinier (12 km in 1 Std.), ich will die Erfahrung nicht mehr missen.

    Ich wünsche mir, dass das Guidenetzwerk noch viel bekannter wird und viele Blinde uns nutzen lernen.

    Daher mache ich gerne Werbung dafür…

    mit sportlichem Gruß
    Carsten Scheller

    • Erik

      800 Kilometer als Guide. Das ist wirklich eine stolze Leistung. Und wie du geschrieben hast, verbesserst du damit die Lebensqualität eines anderen Menschen. Ich bin leider immer noch verletzt, aber wenn ich wieder fit bin, stelle ich mich auch wieder als Guide zur Verfügung.

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert